(...) Interpretation basiert im Allgemeinen auf einer Unterscheidung zwischen dem Zentralen und dem Marginalen, dem Wesentlichen und dem Unwesentlichen; interpretieren bedeutet, das Zentrale eines Textes oder einer Gruppe von Texten zu entdecken... Aber da Marginalität nicht ontologisch gegeben ist, sondern das Ergebnis interpretativer Rahmung ist, kann das, was von früheren Interpreten als marginal eingestuft oder beiseite geschoben wurde, nun zum Wesentlichen werden. Die Tatsache, dass die Hierarchie umgedreht werden kann, um zu zeigen, dass "das Randständige eigentlich zentral ist", führt nicht zur Identifizierung eines neuen Zentrums, sondern zu einer Umkehrung der Unterscheidung zwischen Wesentlichem und Unwesentlichem, zwischen Innen und Außen. Was ist das Zentrum, wenn sogar der Rand zum Zentrum werden kann?(...)

Bordács Andrea - Kollár József
AESTHETICS OF PRESENCE AND ABSENCE IN ENDRE TÓT'S ART (Auszug)